Mittendrin im Zwischendrin

Frohe Ostern! Ich wĂĽnsche dir von Herzen „frohe Ostern!“! Sind so viele Ausrufungszeichen ĂĽberhaupt zulässig?! Egal, heute brauche ich sie. Ostern ist mein liebstes Fest im ganzen Jahreskreis, schon allein deshalb, weil es an Ostern um Ostern geht und nicht so sehr um das ganze Drumherum. Anders als Weihnachten, das man hin und wieder richtiggehend suchen muss, unter all dem Gewese. Dann fällt das Osterfest in der Regel in irgend einer Weise mit FrĂĽhling zusammen und besser kannst du eine wirklich gute Nachricht, einfach nicht verpacken. Die Schöpfung selbst sorgt fĂĽr die richtige Bildsprache und in mir atmet alles auf. Was war das fĂĽr ein langer Winter! Jetzt stecken wir mittendrinn im Zwischendrin. Die groĂźen Feiertage sind gefeiert, aber Ostern strahlt einfach weiter, bis Pfingsten, vergiss das nicht! Jeden Tag darfst du ein bisschen weiter Ostern feiern, vielleicht mit etwas Schokolade, einem Kaffee in der Sonne oder mit einem Spaziergang durch all die schöne Oster-Deko, die um dich herum wächst.

Ansonsten gehört das Zwischendrin ja nicht unbedingt zu meinen bevorzugten Zuständen, ich fühle mich wohler in klaren Verhältnissen, auf dem sicheren Boden, in eingeübten Strukturen. Dort richte ich mich dann gemütlich ein und kenne mich aus. Mit all den kleinen Schönheiten und fiesen Momenten, den Herausforderungen und Wunderbarkeiten. Man findet sich zu Recht und weiß mit allem umzugehen. Über lange Zeit scheint vergleichsweise wenig zu passieren, keine dramatischen Umbrüche, alles wunderbar, damit bin ich absolut zufrieden. Das ist dem Leben selbstverständlich herzlich egal und so scheint es unausweichlich, dass man immer wieder hineingerät ins schönste Zwischendrin, eine Gesetzmäßigkeit des Wachsen und Werdens. Das Zwischendrin bedeutet manchmal Aufregung und gespannte Erwartung. Manchmal Ratlosigkeit und Suchen nach dem richtigen Weg. Viel häufiger aber Veränderung, Bewegung, Loslassen von Vertrautem und vielleicht auch Liebgewordenen.

Zur Zeit stecke ich im Zwischendrin- zwischen Ostern und der Erstkommunion unserer Zwillinge. Das ist tatsächlich Aufregung und frohe Erwartung. Tausenderlei Kleinigkeiten tummeln sich in meinem Kopf, Kerzenständer und Tischkarten, Servietten und Ersatzstrumpfhosen, Käsekuchen und Blumenvasen. Dazwischen blitzt Wehmut auf- das ist unsere letzte Erstkommunionfeier, zum letzten Mal aufgeregte Neunjährige, wissbegierig und begeisterungsfähig, voller Vorfreude und Neugier. Früher habe ich oft gesagt, dass man nach Möglichkeit immer ein Zweijähriges im Haus haben sollte, aber das Gleiche gilt auch für Neunjährige. Meiner Erfahrung nach sind das ausgesprochen ausgeglichene Lebensphasen mit viel Sinn für seine Nächsten, mit überbordender Liebe und Zugewandtheit. Sie kennen sich schon aus im Leben, es ist vor allem eines-schön und spannend! und die Pubertät, dieses riesengroße Zwischendrin, ist noch weit genug weg. Da auch der stabilste Vorrat an Zwei- und Neunjährigen im Haus irgendwann zu Neige geht, muss man genießen, so lange die Freude andauert und die Wehmut energisch vertreiben.

Das große Zwischendrin der Pubertät wohnt mittlerweile fest bei uns und wird wohl eine ganze Weile bleiben. Ich kann nicht meckern, sie verhält sich bis hierher ganz ordentlich und wenig aufgebracht. Aber sie erzählt mir eben auch jeden Tag, dass meine Kinder groß werden, dass sie Privatheit brauchen und Zugewandtheit, Distanz und Nähe, eigene Menschen sind und nicht meine. Wir füllen Bewerbungsunterlagen für fernes Ausland aus, verabschieden für Studienfahrten und lernen damit umzugehen, dass wir nicht jeden Tag Nachricht erhalten. Es zieht die Küken aus dem Nest. Das ist spannend und für eine Glucke, wie ich es bin, ein notwendiger, mitunter schmerzhafter Lernprozess.

Weil das meine Herausforderung ist und nicht die meiner Kinder, sehe ich mich rechtzeitig nach neuen Wegen um. Nach dem Sommer werde ich wieder ordentliches Mitglied der aushäusig arbeitenden Gesellschaft und kehre an die Schule zurück. Bumms, stecke ich auch hier mittendrin im Zwischendrin. Zwischen Buch schreiben (macht mir so viel Freude, ist aber auf Dauer ein sehr einsames und bedauerlich wenig einträgliches Geschäft) und Zukunft denken, zwischen Aufbruch und Aufräumen, zwischen Träume sortieren und Leben realisieren. Nach so vielen Jahren ist auch das ganz schön aufregend, so viel kann ich dir verraten. Aber es ist an der Zeit und die Vorfreude, die zwischen den Zweifeln und der Aufregung blüht, bestätigt mir das.

Und wo sich alles gerade so am Verändern ist, alles in Bewegung gerät und sich neu ausrichten will, erleben wir ein weiteres Zwischendrin, ein ganz entscheidendes und prägendes. Unsere Alten werden spürbar alt, machen sich auf den letzten Teil ihres Weges, keiner weiß, wie lange dieses Wegstück sein wird. Wir lernen viel. Miteinander und Voneinander. Über Bedürftigkeit, über schwindende Kräfte, über das Zulassen von Schwachheit, über Angst vor dem unbekannten Ziel. Abschied liegt in der Luft. Neulich meinte ein lieber Freund am Telefon, dass es merkwürdig sei. Eine Zeit habe man sich auf Hochzeiten getroffen, dann bei den Taufen. Und nun träfe man sich an den Gräbern wieder. So ist es. Aber es wird eine Zeit kommen, da feiern wir wieder Hochzeiten und Taufen. Und dann sind wir die Alten. Der Rhythmus allen Lebens. Bei allem, was damit einhergeht kommen deshalb auch persönliche Fragen hoch. Wie willst du mal alt werden, was soll dich tragen, halten, was soll von dir bleiben und wie willst du einst diese Zeit gestalten, soweit du es eben vermagst? Das begreifen wir gerade sehr eindrücklich- es ist mehr als ratsam sich beizeiten mit diesen Fragen auseinanderzusetzen.

Die wirklich wichtigen und großen Ereignisse brauchen offenbar immer ein Zwischendrin. Eine Geburt. Stationen des Kindseins. Erwachsen werden. Noch erwachsener werden. Endgültig erwachsen werden. Sterben. Lebensereignisse, die vorhersehbar sind und solche, die von jetzt auf gleich alle Fundamente zum wackeln bringen. Alles wird durchgerüttelt, muss sich neu ausrichten, neu einrichten, neu zusammenfinden. Das kann ganz schön beängstigen, ganz schön viel Kraft kosten. Mut. Vertrauen darauf, dass am Ende alles gut wird. Frohe Ostern! Denk nur, an diesen völlig überwältigten Haufen Jünger! Nichts war mehr so, wie sie es kannten. Es dauerte seine Zeit, bis sie sich und die Ungeheuerlichkeit der Ereignisse sortiert hatten, bis sie wussten, wie es nun für sie weitergehen sollte, was ihr Auftrag in diesem ganzen Durcheinander sein würde. Im Zwischendrin fallen die alten Sicherheiten, fällt weg, womit man sich zu Recht fand. Die Veränderungen drängen ins Leben, brechen durch, wie all die Tulpen und Kirschblüten, Narzissen und Hyazinthen. Wer blühen will, muss das Zwischendrin aushalten, auch, wenn es heißt, das Vertraute loszulassen und das Neue zu umarmen. Frohe Ostern! Weil mittendrin im Zwischendrin die Hoffnung blüht, weil uns das Leben geschenkt wurde, weil das Ende erst der Anfang ist. Frohe Ostern!

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3 Kommentare zu „Mittendrin im Zwischendrin“

  1. Liebe Sandra,
    wie immer so schön geschrieben und ich kann mich in deinen Worten und Gedanken absolut wiederfinden.
    Danke dafĂĽr!

    1. Liebe Sandra!
      Vielen Dank fĂĽr deine Worte, in denen ich mich immer so wiederfinden kann.
      Ich freue mich immer sehr, wenn ich etwas neues von dir lesen kann!
      Liebe GrĂĽĂźe

  2. Liebe Sandra, Danke fĂĽr deine Texte, sie sind der „Keks“ zu meinem Kaffee und Ermutigung im Leben, das von den Kindern und Eltern ähnlich ist. Schön, dass du als Lehrerin arbeiten wirst. Gute, vom Glauben getragene Religionslehrerinnen (du bist eine?) sind dĂĽnn gesät.
    Ich wĂĽnsche dir einen guten Ăśbergang und neues sortieren des Alltags. LG Birgit

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