Wenn es draußen richtig echter, ehrlicher November geworden ist, wenn die Nebelschwaden bis in die Mittagsstunden über den Weinbergen hängen, wenn der Dauerregen uns ins Haus treibt und die Sehnsucht nach Kuscheldecken und vollen Teetassen fast überhand nimmt, ja dann ist die Zeit gekommen: die Zeit der Spielzeugkataloge.
Zuverlässig wie Zugluft sind auch sie Begleiterscheinung des elften Monats, sie quillen durch alle Ritzen in unser Haus, hocken im Briefkasten, fallen aus der Tageszeitung und manchmal sogar aus des Gatten Bürotasche. Und hier werden sie erst von einer Vielzahl kleiner Menschen Willkommen geheißen und aufs herzlichste begrüßt, um dann studiert zu werden, als stünde in ihnen nun endlich der Weisheit letzter Schluß. Da sitzen sie ausdauernd und lesen und vergleichen, bestaunen die bunten Bilder bis die Köpfe rot und die Ohren heiß werden. Und die Stimmchen werden lauter und lauter, die Wünsche kommen in Fahrt und nehmen Geschwindigkeit auf, bis sie dir um die Ohren sausen, dass es nur so zischt. Die Luft schwirrt von Superhelden und Feuerwehrmännern aus Plastik, ein pinkfarbenes Plüscheinhorn, ein rosa Puppenklo, Paboritter, eine Karaokeanlage bitteschön, Puppenwagen und echt, eine Puppendusche, endlich ein Baumhaus für Sylvanians, oh und LEGO! Da wird angestrichen und mit Buntstiften markiert, bis man gar nicht mehr erkennen kann, was da eigentlich noch nicht gewünscht wird. Die ersten kindlichen Anfragen treffen ein, wann denn eigentlich Wunschzettel üblicherweise verfasst würden, aber ich winke beruhigend ab: das dauert noch Wochen! Vorher steht ja sogar noch ein wichtiger Zwillingsgeburtstag bevor. Wenn du fast schon vier Jahre alt bist und dank der einschlägigen Literatur einen ersten profunden Einblick in die Welt der Spielzeuge bekommen hast, dann kommst du aus dem Wünschen gar nicht mehr heraus. Ich stehe dem Spektakel mit großer Gelassenheit gegenüber, bereitwillig lasse ich mir all diese bestaunenswerten Wunderbarkeiten aus der Überfülle des Angebotes und der Möglichkeiten zeigen. Im Laufe der nächsten Wochen wird sich die Aufregung wieder verflüchtigen, die akuten Ausbrüche der Habenwollenkrankheit wieder abklingen und dann kommt die eigentliche Elternaufgabe: welche, der geäußerten Wünsche bleiben, sind echte Herzenswünsche, werden an Geburtstag und Weihnachten Freude schenken und möglichst ein ganzes Jahr darüberhinaus? Ich bin ziemlich sicher: das rosa Puppenklo wird nicht dazugehören und das pinkfarbene Plüscheinhorn ist jetzt schon wieder vergessen. Vorsichtig, beim Anschauen und Unterhalten, beim Spielen und Vorlesen, kreisen wir die eigentlichen Wünsche und Träume ein, beobachten wir, was übrig bleibt, um dann Geschenke auszusuchen.
Es ist ja nicht so, als wären mir Ausbrüche der Habenwollenkrankheit gänzlich unbekannt. Es gibt durchaus Momente, in denen befinde ich ein Leben ohne einen einzigen Boden-Kaschmirpullover mit V-Ausschnitt als ziemliche Zumutung. Und Schuhe habe ich ganz eindeutig zu wenig. Ach, und das ein oder andere Handtäschchen?!
Man muss nur ein wenig abwarten und schon wird klar: tatsächlich lebt es sich ganz prächtig ohne! Diese Momente gehen genauso schnell wieder vorbei, wie sie gekommen sind. Aber was wünsch ich mir wirklich? Was bleibt übrig, von der Überfülle der Möglichkeiten und Angebote (und ich meine nicht nur die, in Katalogen und Werbeblättchen)?Was bewegt mein Hirn, lässt mein Herz schneller schlagen und schenkt Freude übers Jahr? Mit was will ich mein Leben füllen, meine Gedanken, mein Tun, wofür brennt meine Seele? Ich habe Glück, und ich weiß es. Eine Vielzahl meiner Herzenswünsche sind erfüllt: mit dem Gatten an meiner Seite, diesen wunderbaren Kindern, die uns anvertraut wurden, einem Haus, vollgestopft bis unters Dach mit Leben und Lachen, mit Tränen und Streiten, mit Versöhnen und Wachsen. Dafür brennt mein Herz, jeden Tag aufs Neue. Ganz ehrlich, da brauchst du keinen Kaschmirpullover, der dich warm hält. Den ein oder anderen Wunsch hätte ich natürlich trotzdem noch, ja auch Herzenswünsche, die übrig bleiben, wenn alle anderen sich schon längst verflüchtigt haben. Es sind nicht viele, sie zu kennen, ist gut (an manch einer Wunscherfüllung muss man selber etwas mitarbeiten, zumindest wenn du über, sagen wir mal, zwanzig bist…). Wenn du deine Herzenswünsche kennst, dann kannst du dir die Energie für den unnützen Kram sparen. Ich wünsche mir meine inniglich und hoffe auf Erfüllung, vielleicht, irgendwann, sie stehen auf dem Wunschzettel meines Herzens und ich behalte sie im Auge.
Jetzt aber mache ich mich erstmal auf die Jagd nach echten Herzenswünschen in Kinderseelen, ich spüre sie auf und kreise sie ein…damit ich nichts durcheinanderbringe, fertige ich endlose Listen, und manchmal kann man einen Wunsch erfüllen, von dem der Betreffende gar nicht wusste, dass er ihn hatte. Das sind die Besten…
Was wünschst du dir?
Und ich habe noch einen echten Wunsch: ich wünsche mir einen neuen Adventskalender, denn meine Zeit mit dem „andere Zeiten Kalender“ ist wohl vorbei, die letzten Jahre haben wir uns auseinandergelebt, leider. Hat jemand einen Tipp für mich?
Ich bin auch immer hin- und hergerissen zwischen all den Wünschen und Ansprüchen meiner Kinder. Eigentlich möchte ich sie so konsumfrei wie möglich erziehen, aber das ist nur bedingt möglich. Bei uns werden auch schon seit Wochen die Wünsche eingekreist und aufgeschrieben. Zwei Kindergeburtstage stehen vor Weihnachten ins Haus. Ach, da wird so einiges wieder zusammenkommen. Ich möchte genauso wie du echte Herzenswünsche erfüllen, aber was hat bleibenden Wert bei unseren Kindern und fliegt nicht nach drei Tagen in die Ecke?
Ich habe mich auch vom Anderen Zeiten Kalender getrennt. Dieses Jahr habe ich von einer Freundin diesen Kalender bekommen: https://www.amazon.de/Lichtungen-2017-Adventskalender-Advent/dp/3863341562?SubscriptionId=AKIAILSHYYTFIVPWUY6Q&tag=duckduckgo-osx-de-21&linkCode=xm2&camp=2025&creative=165953&creativeASIN=3863341562
Liebe Grüße!
Liebe Veronika, richtig, wir teilen uns ja einen Kindergeburtstag…vielen Dank für deinen Tipp, aber leider ist er vergriffen. Liebe Grüße
Ach, Sandra, ich kann das, was du schreibst, immer so gut nachvollziehen… the same here. Und wir haben auch schon Verschiedenstes versucht bezüglich der Weihnachtswünsche. Am herausfordendsten fand ich ja immer, die Verwandtschaft mit unter diesen „Wir übertreiben es nicht mit dem Konsum“-Hut zu bekommen… Beeindruckt hat mich mal eine Freundin mit vier Kindern, die sagte: „Jedes Kind bekommt drei Geschenke zu Weihnachten. Ein großes, ein kleines und was zum Lesen.“ Die Verwandtschaft darf sich dann beteiligen oder eben nicht, Extrawürste gibt es nicht… Fertig. Irgendwie cool, aber irgendwie auch nicht leicht umsetzbar. Wir probieren es dieses Jahr wieder mal mit der Faustregel „Ein Hauptgeschenk und was Kleines“, aber von den Großeltern kommt sicherlich auch noch was Kleines und noch was Kleines extra 🙂 Mein Mann und ich schenken uns gegenseitig nix, weil wir uns so schwer tun. Wir haben sowieso beschlossen, dass wir uns nur was schenken, wenn wir eine echt gute Idee haben (auch zum Geburtstag) und dass keiner sauer ist. Ich find das voll entlastend. Zu Weihnachten kaufen wir uns meistens zusammen etwas, das uns beiden gefällt, ohne Geheimnistuerei. Ein Buch, eine CD oder so etwas. Und wer mir was schenken will… ich hab ne laaaange Bücherwunschliste, das weiß eigentlich auch jeder in der Familie 🙂 Liebe Grüße, Martha
bei vier Kindern 12 Geschenke, bedarf es da noch Extrawürste??? Dieses Überhäufen der Kinder mit soviel Kram finde ich echt bedenklich!
Die Kinder können ja nichts dafür, dass sie zu viert sind, so dass es am Ende 12 Geschenke sind 🙂 Ich empfand das bei meiner Freundin überhaupt nicht als „überhäufen“. Natürlich ist die Frage, wie man „großes Geschenk“ und „kleines Geschenk“ definiert. Es muss ja nicht nur „Kram“ sein. Eine gute Idee finde ich auch immer, wenn etwas nicht nur Schönes, sondern auch Nützliches bei den Geschenken dabei ist, z.B. ein schönes Teil zum Anziehen.
Die Idee deiner Freundin finde ich super, liebe Martha, aber auch irgendwie schwierig umzusetzen. Ich schenke so schrecklich gerne, aber allein die Vielzahl der zu bedenkenden Menschen erschlägt mich an Weihnachten. Unsere Kinder bekommen während des Jahres eigentlich so gut wie gar nichts, da dürfen es dann schon Herzenswünsche sein. Auch wenn die sich ja mal schnell ändern können. Sei ganz lieb gegrüßt
Du hast Recht, das ist halt doch auch individuell. Ich muss zum Glück für sooo viele Menschen Geschenke machen, da wir Erwachsenen das weitgehend abgeschafft haben… Nichten, Neffen, Patenkinder bekommen natürlich was. Gern verschenken wir da Zeit (Ausflug, Schwimmbad, Kino, Puppentheater etc).
https://www.freudenwort.de/adventskalender/
den gönne ich mir dieses jahr selbst….
herzlichst
annette
Danke für deinen Tipp, liebe Anette, ich habe schon mal geschaut und es hört sich wirklich spannend an. Liebe Grüße
Ich hab grad gesehen, das es von der „Atempause“ (Bibellesebund) ein Heft „Mein Advent“ gibt. Ich kenne das zwar nicht ,die Atempause-Bibellese find ich aber echt schön… Vielleicht ist das was? Liebe Grüße, Martha