Davor, danach und zwischendrin

Ach, du lieber November, willst du dich denn wirklich schon wieder verabschieden? Kann ich dich denn gar nicht davon überzeugen, noch ein klitzekleines bißchen auszuharren?! In diesem Jahr hast du uns wirklich eingelullt, mit deinem feucht-kalten Charme, du wunderbares Zwischendrin, hast uns in Sicherheit gewiegt und wir haben uns bereitwillig darauf eingelassen. Wir dachten beispielsweise, es sei jetzt der ideale Zeitpunkt um gleich drei Zimmer auf Vordermann zu bringen, ist ja sonst nicht viel los, im November. Wir haben Möbel geschoben, Möbel gekauft und Möbel aufgebaut, wir haben gemistet, uns von Zeug getrennt und Zeug verstaut, gestrichen, tapeziert und geräumt. Jetzt sind wir platt und du gehst. Mit einem eiskalten Lüftchen wehst du uns direkt ins Danach, in den glänzenden, vollgepackten, anstrengenden und doch so bezaubernden Dezember.

Zum Abschied durften wir noch groß Geburtstag feiern und wir haben tüchtig gefeiert, so wie es sich eben gehört, wenn man vier Jahre alt wird. Da fängst du am besten morgens um fünf an und hörst erst am Abend wieder auf, denn die ganze Aufregung muss sich schließlich lohnen. Bevor diese wunderbaren, kleinen Menschen in unser Leben kamen, fühlten wir uns irgendwie nicht vollständig, ein Gefühl von Sehnsucht und Unfertigsein. Dazwischen wurde es ordentlich mühselig, aber danach…eine Leben ohne sie wäre ja gar nicht auszudenken. Und so feiern wir jedes Jahr mit Freude den Geburtstag unserer Kinder und damit auch den Beginn unseres Lebens als Großfamilie.

Das Novemberdazwischen war auch mühselig, zu Beginn stand die Sehnsucht nach mehr Ordnung, mehr Platz und mehr Gemütlichkeit. Für das Danach hat es sich gelohnt. Zum Dazwischen scheint eine gewisse Mühe und ein ordentliches Maß an Chaos zwingend dazuzugehören. Hast du es dadurch geschafft, dann stehst du in unserem Falle in neugestalteten Zimmern. Manchmal braucht es einen langen Atem, manchmal gute Nerven und Geduld. Das Dazwischen ist nicht immer freundlich zu dir, es fordert dich heraus und zeigt die ein oder andere Grenze.

Dieses Jahr ist es mir ganz hervorragend gelungen, die anstehende Adventszeit komplett zu ignorieren, kein Blinken und kein Leuchten, keine Lebkuchen oder Weihnachtskstaloge konnten mich von meinem Novemberleben ablenken und nun haben wir den Salat. Das neue Danach ist ein weiteres Dazwischen. Gestern dämmerte mir in der Warteschlange vor der Supermarktkasse, dass der 1. Dezember tatsächlich schon am Freitag sein soll. Für einen kurzen Augenblick sah ich traurige Kinderaugen auf der verzweifelten Suche nach ihren  Adventskalendern, einen Adventssonntag ohne Kranz und Plätzchendosen ohne Inhalt. Von Weihnachtsgeschenken und lieben Grüßen wollen wir gar nicht erst reden. Auf den Seiten meines ganz gewöhnlichen und sehr unadventlichen Kalenders ist gar kein Platz mehr, um all die Basteln- und Backen- Termine, Basare, Adventsnachmittage und Weihnachtsfeiern hineinzukritzeln, die Schulen läuten die Jahresendrunde ein und dazu kommt der nicht eben geringe Anspruch an „den“ Advent.

Als sich der akute Anfall von Supermarktkassenschnappatmung  wieder gelegt hatte, da kam mir das Folgende in den Sinn: eigentlich ist der Advent ja gar nichts anderes, als ein einziges, großes Dazwischen. Vielleicht das Dazwischen schlechthin. Es braucht die Sehnsucht im Herzen, jedes Jahr aufs Neue, nach Veränderung und Neubeginn, nach dem größten Wunder in kleinster Gestalt. Und dann kommt der Weg hin, auf das Eigentliche, ein bißchen Chaos, Durcheinander und Mühe, oh ja, die auch. Advent ist die Zeit der Veränderung, der Vorbereitung und Erwartung, er fordert dich, aber da muss nicht schon alles perfekt sein, perfekt dekoriert, perfekt frisiert, perfekt harmonisiert. Der Höhepunkt ist das Danach, wenn es Weihnachten wird, nicht nur in Plätzchendosen und auf Gabentischen, sondern vor allem und insbesondere in unseren Herzen. Wir haben dieses Danach so nötig, dass wir nicht müde werden sollten, diesen Weg jedes Jahr aufs Neue zu finden und zu gehen. Mal abgesehen davon, dass auch in jenem Stall höchstwahrscheinlich von Perfektion recht wenig zu finden war. Mit diesem Gedanken kann ich gut leben und mache mich getrost auf die Suche nach Adventskalenderfüllungen in Streichholzschachtelgröße und Tannengrün für den Kranz. Mehr braucht es erstmal nicht.

Im Dazwischen liegt Segen, geschieht Leben, passiert Veränderung. Dazwischen flechte ich Mädchenhaare zu Zöpfen, schenke ich eine Umarmung, streichle ich gequetschte Fingerchen, sortiere ich Schmutzwäsche und übe den Zehnerübergang. Dazwischen schiebe ich ein Brot in den Ofen, stricke ein paar Reihen, lese vor, kaufe im Kaufladen frischen Käse aus Holz und genieße Kinderkunst. Mühsam ist es hin und wieder, chaotisch und durcheinander, es fordert mich heraus und zeigt die ein oder andere Grenze. Aber es lohnt, es lohnt.

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Also, mein lieber November, wenn du gehen musst, dann geh. Danke, dass du da warst, dass wir dieses Dazwischen für uns nutzen durften, trotz aller Mühe. Ich freue mich schon, wenn wir uns nächstes Jahr wiedersehen.

Herzlich willkommen, lieber Dezember, schön, dass du kommst. Ich hoffe, du hast ein wenig Geduld mitgebracht und etwas gute Laune.  Die ein oder andere Herausforderung hast bestimmt im Gepäck, aber wir werden schon zurecht kommen. Ach Quatsch, bezaubern wirst du uns irgendwann, wie in jedem Jahr, ich bin mir ganz sicher.

Segensreiches Dazwischen wünsche ich dir, wo auch immer du gerade stehst und ganz liebe Grüße

4 Kommentare zu „Davor, danach und zwischendrin“

  1. Ich hab heute einen Anruf von der lieben Schwiegermama bekommen… Sie hat einen Adventskranz für uns bei ihrer Freundin klar gemacht. Es wird am 1. Advent einen Kranz geben, Halleluja! (Uns kommt der Dezember irgendwie jedes Jahr zu schnell…) Liebe Grüße und eine gesegnete Adventszeit, Martha

  2. Du hast so recht…das wuselige, chaotische „Dazwischen“ gehört einfach zu Weihnachten dazu. Auch wenn man sich manchmal wünschen würde, dass es ETWAS weniger chaotisch wäre 😉
    Habt eine wundervolle, gesegnete Adventszeit!
    Alles Liebe
    Annika

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