Liebe Güte, jetzt mal ehrlich: das macht doch keinen Spaß mehr! Selbst die hartgesottensten Alltagsglückssucher müssen zugeben, dass das gerade echt eine bittere Herausforderung ist. Der Himmel hängt seit Wochen drei Etagen zu tief, alles grau in grau und trüb in trüb. Ich weiß schon gar nicht mehr, wie Sonne aussieht, oder klarer, blauer Himmel. Aber selbst wenn sie irgendwo für einen kurzen Moment am wolkigen Horizont auftauchen sollte, führen meine spärlichen Ausflüge nur bis zum nächsten Supermarkt. Dort stocke ich Lebensmittel und Taschentüchervorräte auf, um dann schleunigst wieder zurück ins grippevirenverseuchte Haus zu eilen. Die guten Stunden sind die, in denen deine Nachkommen fiebergelähmt im Halbschlaf auf der Couch dösen. Fies wird es, wenn sie dann aus dem Fieberkoma erwachen und merken, wie schlecht es ihnen geht. Das dann einsetzende Genöle ist dazu angetan, stärkere Nerven als meine zerreißen zu lassen. Wähnt man sich dann halbwegs in Sicherheit und die lieben Kleinen auf dem Wege der Besserung, kommt mit Sicherheit ein Rückfall und alles geht von vorne los. Nachts brauchen wir keine Heizung mehr, irgendein fieberheißes Öfchen habe ich immer an meiner Seite. Daneben läuft stinknormaler Alltag, genau der, den ich eigentlich so mag. Aber er läuft halt nicht rund. Die Stubenhockerei schlägt allen aufs Gemüt, Schulkinder kommen morgens nicht mehr aus dem Bett und die Gesichtsfarben pendeln sich irgendwo zwischen käseweiß und aschgrau ein. Lieber Winter, du darfst jetzt gehen, hast deine Schuldigkeit getan, ja wirklich, es reicht!
Normalerweise wäre meine mütterliche Überlebensstrategie jetzt der umgehende Verzehr großer Mengen an Schokoladenkeksen und Käsebroten, irgendwie muss man sich ja trösten. Dummerweise habe ich dieser Strategie ja abgeschworen und halte mich tapfer an alle leichten Spielregeln (in 95 Prozent aller Fälle). In einem Anfall von Leichtsinn habe ich zu Silvester großspurig auch die Einhaltung eines alkoholfreien Quartals bis Ostern verkündet. Damit fällt auch das Festhalten am Feierabendweinchen weg, und nein, Tee hat leider nicht die gleiche entspannende Wirkung. Ich muss also schon tief in der mütterlichen Trickkiste kramen, um diese nervenaufreibenden Wochen menschenwürdig zu überstehen. Falls du auch gerade nach Überlebensstrategien in winterlicher Ödnis suchst- hier kommen meine:
Kerzenlicht und zwar morgens, mittags und abends. Ich habe noch nie verstanden, warum Kerzen nur zur Weihnachtszeit brennen sollen. Nie habe ich das warme Licht einer Kerze nötiger als im Januar und im Februar. Sie tauchen auch den trübsten Tag in ein freundlicheres Licht und machen aus den Mahlzeiten ein gemütliches Happening. Dazu gehört natürlich auch ein schön gedeckter Tisch. Versprochen, es dauert nur zweieinhalb Minuten länger als normales Tischdecken, aber ein liebevoll gedeckter Tisch hat Auswirkungen auf die Gesamtwetterlage.
Wenn die Stimmung in den Keller zu rutschend droht und so schnell nicht wieder hochkommen will, wenn das Motzen und Jammern überhand nimmt, dann versammle ich die Horde um den Tisch. Immer im Vorrat: einige Rollen TK -Hefeteig. Daraus kann man binnen zwanzig Minuten ein paar Zimtschnecken und schlechtgelaunte Kinder glücklich machen. Noch ein Kännchen Tee dazu und die Kerzen an (s.o.), nichts stimmt versöhnlicher. Tischgemeinschaft hat eine unglaubliche Wirkung, immer und immer wieder.
Ich stricke wie eine Wilde. Nichts Dolles natürlich und nur geradeaus. Aber strickend bei Hausaufgaben und Vokabeln zu sitzen hat den enormen Vorteil, dass du dich am Strickzeug festhalten kannst und es verhindert, dass du zwischendurch in die Tischkante beißt oder entnervt ein Federmäppchen an die Wand wirfst. Eins rechts, eins links, sehr beruhigend. Außerdem hat man natürlich häufiger mal ein kleines Erfolgserlebnis, ein vorzeigbares Ergebnis und sei es nur ein Schal, ein Kissen oder eine Mütze. Erziehungsarbeit ist in dieser Hinsicht ja relativ unbefriedigend, da kannst du nur das Beste hoffen.
Wenn es endgĂĽltig Zuviel wird, dann gehe ich aufs Klo. Ein wunderbarer Ort und so still da. Ich muss gar nicht immer. Aber es verschafft einem eine Zweiminutenauszeit und man kann sich schlieĂźlich auch auf den geschlossenen Deckel setzen. Einatmen. Ausatmen. Weiter gehts.
Und wo ich schon mal da bin, hole ich mir eine Portion Seelenfutter. ToilettenlektĂĽre ist eine feine Sache, du holst dir einen kurzen Gedankenimpuls, einen Ermutigung, einen geistigen Input. Geht ganz schnell, schĂĽtzt vor geistiger Kurzsichtigkeit und macht nicht dick. Ehrlich, es ist eine echte Auszeichnung fĂĽr die Autoren, die es auf diese Fensterbank schaffen, denn sie begleiten mich durch den Tag.
Eine kleine Freude kann dir den Tag retten, vor allem wenn sie ganz unverhofft vor deiner Haustür steht. Ein kleines Blümchen, eine schöne Karte und ein Schaf haben mir in dieser Woche das Herz leicht gemacht. Kann man sich jetzt schlecht selber machen, aber falls du eine Mama oder auch sonst jemanden kennst, der gerade eine kleine Freude nötig hat, dann nur zu. Du kannst damit jemanden wirklich froh machen und schwups zieht auch in dein Herz etwas Frühlingsluft ein.
Wenn nur der Winter uns plagt, und nicht gerade fiese Viren den halben Hausstand lahmlegen, dann geht eines immer: Lagerfeuer. Warm eingemummelt um die Feuerschale lenken warme Flammen den Blick immer in die Mitte, weg von allem was querliegt. Es beschäftigt deine Kinder, vor allem die Buben, es wärmt die Hände und die Seelen gleichermaßen. Und es rettet natürlich jeden Kindergeburtstag, das auch.
NatĂĽrlich jage ich alle, einschlieĂźlich mich selber, an die frische Luft, wenn es nur irgendwie geht, aber bei Dauerregen und Fieber geht es eben leider nicht, das sehe sogar ich ein. Wenn alles nichts mehr hilft, dann hilft eines gewiss:
ein Gebet.  Es reicht ein „Hilfe“, vergiss nicht hin und wieder das „Danke“. Es ändert nicht unbedingt die Situation, aber du fĂĽhlst dich nicht mehr einsam, du musst es nicht alleine wuppen.
Der nächste Frühling kommt bestimmt, mit blauem Himmel und klarer Luft, mit blühenden Blumen und Vogelgezwitscher. Bis dahin- verrätst du mir deine Tricks?
Liebe Sandra, ich fĂĽhle mich geehrt, dass ich bei dir im Klo stehen darf!
Liebe Sandra, ein nochmaliges ausfĂĽhrliches Lesen hat sich ja so gelohnt. Vieles habe ich noch gar nicht entdeckt gehabt! Danke fĂĽr deine praktischen Tipps – das schöne Tischdecken werde ich gleich ausprobieren. Und ĂĽber das Wort (resp. den Zustand) „eingemummelt sein“ geht zur Zeit gar nichts…!
Mein Trick? Hm… den traue ich mich fast nicht zu verraten… Ich unternehme einen langen Spaziergang und tanke Sonne. Wie heute. Weil ich das Privileg habe, am schönsten Ort der Welt zu wohnen… Und wenn die Sonne nicht scheint, ĂĽberwinde ich mich ( manchmal) trotzdem, das tut nämlich auch dann gut. Den FrĂĽhling sehne ich mir auch herbei…Ganz gute Besserung deinen Grippegeplagten!
Wunderbar! Danke. Ich LIEBE das gemĂĽtliche Kaffetrinken am NAchmittag bei Kerzenlicht und mit schöner Tischdecke (auch wenn sie danach meistens in die Wäsche kann – soviel Aufwand muĂź einfach sein!). WĂĽnsche Euch gute Besserung!…kann mir gar nicht vorstellen was es bedeutet mehr als EIN Kind krank im Haus zu haben!!! Du Heldin! SegensgrĂĽĂźe (und deine heilige KlolektĂĽre gefällt mir auch! :-)).
Liebe Christina, danke für deine liebe Rückmeldung! Unbekannterweise habe ich in den letzten Tagen viel an dich bzw deinen letzten Artikel gedacht. Leider kann ich bei dir nicht kommentieren. Gestern nun ist der Patenonkel meines Mannes gestorben mit knapp 90 Jahren, ohne Verwandte, nach vielen Jahren selbst gewählter Einsamkeit und erfüllt mit tiefem Misstrauen zu den Menschen. Es macht mich so traurig. Ich sehe die nun mittlerweile sehr betagten Lieben in unserer Verwandtschaft (mein Schwiegervater wird nun schon 88 Jahre und auch er versorgt sich noch komplett allein). Ab wann ist Hilfe nötige Hilfe und wann ist es Entmündigung? So ein schmaler Grat. Ich finde das sehr schwierig. Und ich glaube das jedes Zeichen der Liebe und der Fürsorge unendlich wertvoll ist. (Und habe gleichzeitig schreckliche Angst, dass ein mehr an Hilfe nötig würde, denn meine Ressourcen sind so begrenzt) Ich denke an dich und deine Mutter und wünsche dir, dass die Kraft immer reichen möge. Seid behütet. Ganz liebe Grüße
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Danke fĂĽr die tollen Tipps! Klopause und -lektĂĽre werden definitiv eingefĂĽhrt. Kerzen dĂĽrfen auch bei mir nicht fehlen. Bei uns werden Muffins statt Zimtschnecken gebacken, aber die werde ich auch mal ausprobieren. Viel Kraft weiterhin.