Was mein Herz berührt

Vor ein paar Tagen ging ich auf die Suche nach einem Rezept für Zwiebelsirup, um dem elendigen Gekläffe in unserem Hause ein Ende zubereiten. Ich hatte viel Mitleid mit dem Hustenden, vor allem aber mit meinen Ohren und ich wusste auch genau, wo ich fündig werden würde. Während ich durch Veronikas neues Buch „Frühling, Sommer, Herbst, Familie“ blätterte, blieben meine Augen an folgendem Zitat hängen:

„Was unsere Kinder brauchen, sind Erwachsene, die mit einer gelassenen Zufriedenheit in sich und ihrem Leben ruhen. Die nicht im allgemeinen Jammer- Chor mitsingen, sondern ihr eigenes Lied der Dankbarkeit anstimmen“

Nicht, dass ich diese Erkenntnis nicht schon vorher gehabt hätte, doch natürlich. Aber in diesem Moment, auf dem Klo stehend und auf der Suche nach einem Zwiebelsirup-Rezept, fühlte ich mich ganz schön ertappt, sprangen mir die Worte mitten ins Herz. Denn auch, wenn wir manche Dinge wissen, so geraten sie doch immer wieder ein wenig in Vergessenheit, werden sie zugeschüttet von all den kleinen und großen Kümmernissen und Sorgen, den To- do Listen und Ansprüchen an uns selbst und unser Leben. Ich finde ja, von Zeit zu Zeit ist gegen ein bisschen Gejammer nichts einzuwenden, ja es ist so gar notwendig, um der Seele Luft zu verschaffen. Aber sehr schnell wird der Jammerton Gewohnheit, eine Hintergrundmusik des Lebens, nervenaufreibend und penetrant dominant, als litte dein Herz unter Tinitus, ein fieses Geräusch, das alles andere übertönt.

Ich fühlte mich ertappt, weil mein Herz zur Zeit häufig an Jammertinitus leidet. Höchste Zeit für eine andere Melodie, höchste Zeit ein neues Lied anzustimmen, höchste Zeit für hellere Töne. So vieles hat mein Herz in den letzten Tagen berührt und soll darin weiterklingen dürfen.

Letzten Freitag zum Beispiel, dieser irre Tage mit verrückt vielen Terminen, also an diesem Freitag wanderte ich mit dem Gatten und Teilen meiner Kinderschar durch ein festlich geschmücktes Schulhaus. Auf den Fluren spielten die Bläser Weihnachtslieder, es roch nach Waffeln und Gebackenem, in allen Klassen reges Treiben. Jede Klasse hatte gewerkelt und gebastelt, teilweise mit enormen Ideenreichtum und Können für die gute Sache. Wir hatten es ein wenig eilig (wofür der Gatte sehr dankbar war, denn ich kann strahlenden Kinderaugen, die mir ihre selbst gefertigten Sächelchen verkaufen wollen, nur ganz schwer widerstehen), aber ich machte trotzdem schöne Beute. Einen wunderschöner Holzstern und ein Glas Gemüsebrühe. Ja, selbstgemachte Gemüsebrühe! Und die netten Mädchen hatten sogar heißes Wasser parat, damit man probieren konnte. Die Himmlischen Heerscharen waren im Übrigen binnen einer halben Stunde verkauft und ich hoffe, dass sie ein schönes Zuhause gefunden haben. Ich sah meine Großen unter ihren Klassenkameraden, aufgehoben in Gemeinschaft, rührig und eingebunden. Das bedeutet mir unheimlich viel und beruhigt mein Herz, oh und wie, wenn das kein Grund zur Dankbarkeit ist! P1080926

Am Abend besuchten wir die Weihnachtsfeier unseres Drittklässlers und wieder kamen wir aus dem Staunen nicht heraus. „Der Nussknacker“ wurde uns präsentiert- eine echte Strapaze fürs Mutterherz, das kannst du mir glauben. Alle Kinder waren eingebunden, jedes, wie es zu ihm passte, ein echtes Gemeinschaftsprojekt, ganz wunderbar anzuschauen. Danke, für diese Klassengemeinschaft, danke für Lehrerinnen, die ihren Beruf mit viel Liebe ausfüllen, danke für die Fröhlichkeit.

Der erste Advent kam mitten in unsere Unfertigkeit. Und wie im jeden Jahr spricht er seine eigene Sprache, folgt er seiner eigenen Spur, man muss ihn nur lassen. An den Wänden hängen die alten, vertrauten Adventskalender, ein wenig angestoßen an den Ecken, das Papier an der ein oder anderen Stelle schon etwas ausgeblichen. Aber unsere Kinder lieben diese Kalender, wollen gar keine anderen haben. Hinter dem zweiten Türchen verbarg sich eine Fackelwanderung und so machten wir uns auf, in die stürmische Dunkelheit des späten Sonntagnachmittags. Deutlicher kann nicht werden, was Advent bedeutet. Ein Licht kommt in die Nacht, auch in deine Finsternis. Irgendwann drang durch die Dunkelheit ein Kinderstimmchen zu mir „Tragt in die Welt nun ein Licht. Sagt allen fürchtet euch nicht…“ Danke für dieses Licht, danke für diese Hoffnung, danke für dieses Lied.

Auch, wenn alles ein wenig überlastet und hektisch ist, so findet sich erstaunlicherweise genug Zeit zum Lesen, viel mehr als sonst. Noch so ein Adventsgeheimnis. Der Gatte hat am Samstag die Weihnachtsbücherkiste vom Speicher geholt und jedes einzelne Buch darin wurde begrüßt, wie ein lange verschollener Freund. Und wir lesen wieder von Wanja und Schnüpperle, Tomte Tumetott, den Herdmanns und Bullerbü. Und vor allem das große Buch mit den vielen Gedichten- da reicht nur ein Stichwort und alle sprechen mit. Danke, für die altvertrauten Worte, die Heimat schenken und Geborgenheit, herzwärmend, wie eine Kuscheldecke für die Seele.

Es sind auch neue Bücher und neue Worte in unser Haus eingezogen. Einer Empfehlung folgend (Ha! Noch ein Danke!) lesen wir „Das Weihnachtsgeheimnis“ von Jostein Gaarder mit den Großen. Und sie sind begeistert. Gestern war Zubettgehzeit eigentlich längstens vorüber, als wir uns den Kopf darüber zerbrachen, ob  das Vergangene noch irgendwo existiert, wenn für Gott Raum und Zeit unbedeutend sind. Danke für Geschichten, die solche Gespräche möglich machen, die Kinder begeistern und unsere Hirnwindungen zum quietschen bringen.

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Heute ist Barbaratag. Am Barbaratag bin ich immer dankbar, egal wie scheußlich das Wetter ist, egal was der Tag an Überraschungen bereit hält. Am Barbaratag scheuche ich den Gatten auf den Kirschbaum und stelle die Zweige in die Vase. Voller Hoffnung und Glück. Und dann sagen wir „Danke!“ Weil wir am Barbaratag geheiratet haben, weil es ein toller Tag war, weil wir einander haben und weil dies das größte Geschenk ist.

Dankbarkeiten. Viele verschiedene. Hineingepflanzt in all das Durcheinander, Nichtfertige, Begrenzte.

Falls du dich im Übrigen fragen solltest, warum ich ein Rezept für Zwiebelsirup ausgerechnet auf dem Klo suche, dann liegt das daran, dass man Veronika bei mir eben auf dem Klo findet. Sie weiß das, und hat nichts dagegen…

Gesegnete Tage und Freude beim Singen deines ureigenen Dankbarkeitsliedes!

 

3 Kommentare zu „Was mein Herz berührt“

  1. Liebe Sandra! Auch ich habe zu danken – dir, dass du mir wöchentliche kleine Auszeiten mit deinen Gedanken und deiner Familie schenkst. Danke für den heutigen Ausflug in die Schule deiner Kinder. Und danke für die Büchertipps (das mit dem Zwiebelsirup habe ich natürlich schon ;-)) und das Adventsgeheimnis der Lesezeit. Danke für dich – du bist einfach eine wunderbare Frau. Sooo schön, durfte ich dich kennenlernen! (Noch ein Danke! ;-)) Herzliche Grüsse, Sonja

  2. Ohhh weh, das Zitat „WAS UNSERE KINDER BRAUCHEN, SIND ERWACHSENE, DIE MIT EINER GELASSENEN ZUFRIEDENHEIT IN SICH UND IHREM LEBEN RUHEN. DIE NICHT IM ALLGEMEINEN JAMMER- CHOR MITSINGEN, SONDERN IHR EIGENES LIED DER DANKBARKEIT ANSTIMMEN“ trifft mich sehr. Wo nur ist meine Gelassenheit und wo ist meine Zufriedenheit hin? Und wie finde ich sie wieder? Ich weiß so vieles, in der Theorie, aber wie man das als Mutter ohne Unterstützung in die Praxis umsetzt ist mir unklar. Ich danke dir für die schöne Lesezeit, ich werde das Zitat im Kopf behalten, in der Hoffnung, dass es dann ins Herz wandert und dort bleibt.

  3. Ein herzliches Hallo, ich lese zum ersten Mal hier und bin ganz froh, einer Empfehlung hierher gefolgt zu sein!
    Vielen Dank dafür!
    Wir haben am Wochenende auch unsere Bücherkiste mit den Weihnachtsbüchern vom Dachboden geholt und die Kinder stöbern und lesen alle ganz begeistert und versunken darin!
    Wie schön, dass ihr auch Schnüpperle und seine Familie kennt! Das gefällt mir! 🙂 Schon ich habe als Kind Schnüpperle von meiner Mama vorgelesen bekommen! Und nun lese ich es meinen Kindern vor!
    Ich wünsche dir eine gesegnete Adventszeit!
    Liebe Grüße, Kerstin

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