„Und Mama, was war heute so dein Highlight?“ Die Mama starrte den Fragenden entgeistert an. Erstens ist der Tonfall des wohlmeinend-reflektierten Pädagogen kurz vorm Ruhestand aus dem Munde eines achtjährigen Jungen irgendwie irritierend. Zweitens war das Heute genauso grauenvoll wie das Gestern und damit meine ich Wespenstiche in Hals und Auge und Arme, eine eingestĂĽrzte Duschwand, ein zerrupftes Sofakissen im Garten (Na?? Wer wohl??) und einen Magen-Darm-Infekt, der alles in den Schatten stellte, was ich diesbezĂĽglich schon erleben bzw wegputzen musste und der vor niemandem, wirklich vor niemandem in diesem Hause Halt machte. Bei 39 Grad im Schatten. Und da fragte der mich ALLEN ERNSTES nach Highlights?!
Andererseits kam die Frage aus dem Munde desselben Achtjährigen, der ein eigenes Heft fĂĽhrt, in dem er schöne Wörter sammelt. Darin stehen Wörter wie „asozial“ („Ich mag nicht, was das Wort bedeutet, aber ich mag, wie es klingt!“), „pessimistisch“ (selbe Kategorie) und „Fassbrause“. Gestern nannte er den Ausgang eines SkipBo-Spiels eine „toxische Situation“ (da schaute ich ebenso entgeistert-„Woher?“ Lapidarer Fingerzeig auf zwölfjährigen Bruder. „Woher??“ „Schule.“ Entschuldigt bitte, aber wenn Sechstklässler an einer reinen Jungenschule das Wort „toxisch“ benutzen, dann ist das ein sicherer Indikator dafĂĽr, dass das Wort gesamtgesellschaftlich inflationär gebraucht und damit seiner eigentlichen Sinnhaftigkeit enthoben wird). Lange Rede, kurzer Sinn, man sollte sich vom wilden Gebaren eines FuĂźballjungen nie täuschen lassen, der Mensch, gleiche welchen Alters ist doch ein äuĂźerst komplexes und vielschichtiges Geschöpf.
Ich gab die Frage erstmal zurück um ein wenig Fassung und Zeit zu gewinnen. Die Antwort enthielt ein gewonnenes Fußballspiel, einen Besuch im Patentanten- Pool, das Ende von grässlichen Bauchschmerzen, wiedererlangte Sehkraft nach dem Abschwellen des Wespenauges und Vorlesen in der Hängematte.
Mein wunderbarer Junge hatte mich an meine eigenen Weisheiten erinnert. An die kleinen guten Dinge, die Highlights, an jedem noch so verkorksten Tag. Vom Finden der Highlights zu den Dankbarkeiten ist der Weg nicht weit, selbst wenn er an Kotzeimern und Essigwickeln vorbeiführt, an Müdigkeit und Erschöpfung. Meine Highlights an diesen murksigen Tagen? Die Rehe und Hasen, die jeden Morgen früh um sieben Fangen in den Weinzeilen spielen und sich an mir und dem Hund nicht die Bohne stören. Eine Patentante, die meine überhitzten Kinder in ihren Pool springen ließ. Ein selbstkreierter Sommersalat (Edamame, Kichererbsen, Tomate, Gurke, Nektarine, Weißweinessig, Salz, Pfeffer, Öl-fertig), der mich ganz glücklich machte. Kletternde Buben im Hochseilgarten und die Freude über die Freude des nun Zwölfjährigen, der seinen Geburtstag feiern durfte. Eiskaffee. Brombeeren. Ich liebe Brombeeren.
Heute wird es vor allem ein Highlight geben- Sommerferien! Gleich trudeln sie hier ein, die GlĂĽcklichen, die dieses Schuljahr gewuppt und sich eine Pause dringend verdient haben. Ich werde die Zeugnisse lesen und, was auch immer darauf stehen wird, ein Loblied singen. Aufs Durchalten und DurchbeiĂźen. Auf geschaffte Arbeit und neue Weisheit. Und aufs Faulsein- denn das ist ja bekanntermaĂźen wunderbar. Eben jetzt sollen sie faul-sein dĂĽrfen, Sommer tanken und tun, wonach ihnen der Sinn steht. Vielleicht schaffe ich es ja und mache es ihnen ein wenig nach. Lasse locker. Suche und finde Highlights. Bewahre sie in meinem Herzen und begieĂźe sie mit Dankbarkeit.
Und? Was waren heute so deine Highlights? Geh mal suchen, du findest bestimmt welche, auch wenn man sich zum Suchen manchmal erst entschlieĂźen muss.
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