Bähm, es ist Herbst! Und was hatte der es eilig den ĂĽberhitzten Sommer abzulösen. „So Freundchen es reicht, du hast nun wirklich genug, ab nach Hause mit dir! Und wenn du nächstes Jahr wieder kommst, dann wirst du wohl hoffentlich ein bisschen mehr MaĂź halten!“ Rumms, was fĂĽr ein Rausschmiss!
Jetzt also Herbst und er geizt nicht mit prächtigen Sonnenaufgängen, Nebelschwaden und diesem speziellen warmen Licht und dieser speziellen klaren Luft, die nur er zu schenken vermag. Ich versuche ihn zu wĂĽrdigen, wann immer es die vollen Tage zulassen. Der Kalender ist vollgepackt mit Terminen und das Karussell des Alltags hat längstens volle Fahrt aufgenommen, du weiĂźt wovon ich spreche, nicht wahr? Allein vier Elternabende gab es letzte Woche zu bewältigen und die gewähren, so zuverlässig wie Fruchtfliegen im Oktober, jede Menge wunderbare Möglichkeiten das breite Spektrum menschlicher Eigenheiten zu studieren. Bei kaum einer Gelegenheit prallen so viele unterschiedliche Wahrheiten und Wirklichkeiten aufeinander. Lösungsorientierte und Diskursfreudige, Skeptiker und Besorgte, Organisationstalente und Sorglose, Verpeilte und die von der Fraktion „eine Frage hätte ich noch“. Ein hĂĽbscher Querschnitt durch Gottes bunte Schöpfung und nicht immer ist er leicht auszuhalten. Vor allem nicht an einem Mittwoch, 21.30 Uhr.
Dann hatte ich das groĂźe VergnĂĽgen nach Witten zu reisen, um an der Redaktionssitzung der Zeitschrift „family“ teilzunehmen. Welche verrĂĽckte Geschichte mich mit dieser Zeitschrift verbindet kannst du hier nachlesen und dann verstehst du, warum mich diese Reise so froh gemacht hat. Ich habe es schlau eingefädelt und mir die allernetteste Reisebegleitung gesucht, da verging die Fahrt wie im Flug. Dort traf ich auf einen Raum voller spannender Frauen- und einem spannenden Mann (keine Bange, da gibt es noch mehr Männer, aber die waren alle out of order). Aus allen Himmelsrichtungen waren sie angereist und im Gepäck hatten sie ihre Ideen, ihre Geschichten und ihre Erfahrungen um sie in die Waagschale zu werfen und mit anderen zu teilen. Menschen mit unterschiedlichen HintergrĂĽnden und UntergrĂĽnden, mit vielen Kindern und gar keinen Kindern, mit Seelenlasten und Gedankenflausen. Ein hĂĽbscher Querschnitt durch Gottes bunte Schöpfung, fĂĽr mich sehr leicht auszuhalten, von auĂźen betrachtet wohl eher ein Knäuel explodierender Wortgewalt. Bis obenhin vollgefĂĽllt mit guten Begegnungen kehrte ich nach Hause zurĂĽck.
Schon einen Tag später machte ich einen kleinen Ausflug ins AuĂźerhalb meiner persönlichen Komfortzone und besuchte mit meinem liebsten Teeniemädchen das Ed Sheeran- Konzert in Frankfurt. Ed und wir und 60000 andere Menschen. FĂĽr introvertierte Seelen ist das eine echte Herausforderung, aber hat sich so gelohnt! Wenn dir das Leben eine Möglichkeit schenkt Zeit, Interesse und etwas Besonderes mit deinem Teenager zu teilen, dann sagst du nicht „Nein, danke!“ sondern du greifst beherzt nach diesem bunten Faden und webst ihn ein in das Netzt eurer Liebe. Und natĂĽrlich bot das ĂĽberschaubare Publikum einen hĂĽbschen Querschnitt durch, na du weiĂźt schon.
Wenn du nicht in einer Einsiedelei im Wald haust oder dich in einer einsamen Klosterzelle versteckst, dann sind da, wo du bist auch immer schon die Anderen. Du musst dich natĂĽrlich nicht in die Menschenmassen eines riesigen Popevents stĂĽrzen, aber schon ein handelsĂĽblicher Montag bietet dir in der Regel genug Einblicke in eben diese bunte Schöpfung, die bevölkert ist von Verschiedenheiten. Viele erfreuen dich. Manche sind sehr befremdlich, manche beängstigend, manche schlicht ärgerlich und nervend. In meiner Wahrnehmung verstärkt sich immer mehr der Eindruck, dass der Umgang mit diesen Verschiedenheiten schwieriger, sperriger und ungehaltener wird. Der Umgangston ist rau geworden. Neulich besuchte ich mit dem Gatten einen örtlichen Supermarkt und der Ă„rmste wurde von einer anderen Kundin ordentlich zusammengefaltet, weil er ihr und ihrem Wagen den Vortritt lassen wollte. Ob er denn die Regel „Rechts vor Links“ gar nicht kenne, fauchte sie ihn zwischen Mehl und MĂĽsli an. Im Radio hörte ich von der Theorie, dass die Menschen deshalb so garstig, belehrend und ungehalten miteinander umgingen, weil die Welt, das AuĂźen immer garstiger, ungehaltener und auch bedrohlicher wird. Je unsicherer das AuĂźen, desto mehr wollen wir unsere kleine Welt im Griff behalten und kontrollieren. Da kann es schnell passieren, dass wir dem Anderen unsere Wahrheit nur so um die Ohren hauen, damit er doch wohl endlich einsehen möge, wie Recht wir haben.
Das ist sehr verständlich, fĂĽhrt aber letztlich nur zu einem Zuviel an Galle und Magensäure und einem Zuwenig an Freundlichkeit und Wärme (als wĂĽrde es in diesem Winter nicht schon kalt genug…). Die einzige Wahrheit, die du wirklich kennst, ist deine eigene. Was du nicht kennst, ist die Wahrheit deines GegenĂĽbers. Ich weiĂź geradezu lächerlich wenig ĂĽber den Glauben der Anderen, ihre Arbeit, ihre Kraft, ihre Frömmigkeit, ihren Kummer, ihre Sorgen, Ă„ngste und Nöte, ihre Weisheit, ihre Schönheit und nicht zuletzt ĂĽber die Geschichte derer, die mir gegenĂĽberstehen, leibhaftig oder in Bild und Wort. Wir sehen so vieles nicht, wir wissen so vieles nicht, wie können wir unsere Wahrheit dann absolut setzen? Meine Wahrheit ist nicht die deine und wird es niemals werden.
Es gibt einen kleinen Kniff, der mir hilft. Bei einsetzendem Nichtbegreifen ersetze ich in meinem Kopf „irre, bekloppt, seltsam, ist ja typisch, war nicht anders zu erwarten, Unverschämtheit, nicht alle Tassen im Schrank, Vollidiot, Nullchecker, Nixpeiler und war ja eh klar“ durch „Interessant. Also meins ist es nicht, aber…Spannend, wie du denkst, glaubst, fĂĽhlst, die Welt siehst und darin agierst“ Ist natĂĽrlich nicht immer einfach zu bewerkstelligen, aber erleichtert das Leben ungemein, wenn der Querschnitt durch Gottes bunte Schöpfung mal wieder etwas ĂĽberfordernd wirkt. Du bestaunst interessiert das Phänomen und greifst nicht gleich an, wie ein enthemmter Pitbull. Im gĂĽnstigsten Fall lernt man was dazu, ĂĽber die Wahrheit der Anderen, ĂĽber Freundlichkeit und GĂĽte. Ăśber Kontrolle lernt man nichts. Braucht man auch nicht, denn es gibt sie nicht.
Ganz praktisch
Im Herbst bekomme ich sehr zuverlässig Pfalzweh, denn da komme ich her. Wahrscheinlich hast du kein Pfalzweh, aber Schneggenudle helfen auch bei allen anderen Arten von Weh, außer bei Bauchweh, da natürlich nicht. Du machst einen Hefeteig aus 20g Hefe aufgelöst in 50ml warmen Wasser (ein Viertelstündchen stehen lassen), 75g weiche Butter, 500g Mehl, 80g Zucker und einer Pr Salz. Am besten mit einem Holzlöffel verrühren und dann nach und nach 250ml warme Milch dazugeben. Ordentlich mit den Händen kneten und 2 Stunden schlafen lassen. Für die Füllung brauchst du 400g gemahlene Haselnüsse und Mandeln, 200ml Sahne, 150g Zucker, den Saft einer Zitrone und etwas Vanillepaste. Alles verrühren und auf dem ausgerollten Teig verstreichen. Von der Längsseite aufwickeln und in Schnecken schneiden. Nochmal ein wenig schlafen lassen und ab in den Ofen für etwa zwanzig Minuten. Noch einen Guss aus ordentlich Puderzucker und etwas Milch darüber und schwups bist du im Reich der Seligen.
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